Der Haushaltsentwurf für das nächste Jahr hat den sozialen Bereich erschüttert. Obwohl noch nichts in trockenen Tüchern ist, spürt die Branche bereits jetzt die ersten Auswirkungen und die Zukunft vieler Projekte erscheint düster und ungewiss – und wir sprechen aus Erfahrung. Ein Kommentar auch #InEigenerSache.
Herzlich willkommen zu Kiras und Alex‘ Kommentar- und Meinungsreihe im sozial-pr-Blog.
Wir probieren uns mit diesem Format noch aus und wollen interessante Themen und Artikel aus dem Netz oder Dinge, die uns einfach umtreiben, mit Euch teilen – alles rund um Social Media.
Damit Ihr wisst, worauf Ihr Euch hier einlasst, hier ein paar grundsätzliche Infos:
1) Das ist ein reines Meinungsformat, d. h.: Der Titel ist Programm, wir nehmen hier kein Blatt vor den Mund und sagen unsere persönliche und manchmal vielleicht ungeschönte Meinung. Dabei wollen wir konstruktiv und professionell bleiben, das ist unser oberstes Ziel.
2) Wir wollen hier weder provozieren noch propagieren. Wenn Euch unsere Meinung mal nicht gefällt, ist das schade, aber völlig in Ordnung, denn wir haben nicht den Anspruch jemandem nach dem Mund zu reden. Unterschiedlicher Auffassung zu sein, ist einer der wichtigsten Faktoren, die uns zu Individuen machen. Wenn Ihr also mal nicht so sehr mit unserem Kommentar mitgehen könnt, nehmt es als Ausdruck unserer Einzigartigkeit und versucht das nächste Mal wieder unvoreingenommen reinzulesen. Das würde uns freuen.
3) Wenn Ihr Lust habt mit uns auf eine konstruktive und professionelle Weise über ein Thema zu diskutieren, freuen wir uns darüber. Kontaktiert uns in den Kommentaren oder über die sozialen Medien von sozial-pr.
Wir wünschen Euch viel Spaß beim Lesen und hoffen, unser neues Format wird einen festen Platz in Eurer Leseliste einnehmen.
Unter anderem nahmen wir diese Beiträge zum Anlass für unseren Kommentar: Kürzung im Sozialbereich und Kürzung in der Digitalisierung.
Haushaltsentwurf 2024 – eine echte Zukunftsbremse: ein Kommentar von Kira
Budgetkürzungen sind nie toll, darüber dürften wir uns alle einig sein. Doch das, was jetzt von der Bundesregierung als Haushaltsentwurf 2024 vorgelegt wurde, ist genau eine Sache: Eine Zukunftsbremse und komplett am Ziel vorbei gespart.
Dieser Kommentar wird anders als alle sonstigen Kommentare von uns. Nicht, weil wir nicht wie immer unseren Senf zu diesem Thema geben werden, sondern weil diese Beschlüsse noch deutlich spürbare berufliche Auswirkungen auf uns haben werden.
Armer sozialer Bereich, wieso musst du nur so leiden?
Aber fange ich erst einmal am Anfang an. Wann genau kam die Idee auf, dass der soziale Bereich irgendwie zu viel Geld hat und es deswegen ein verdammt kluger Schachzug wäre, genau hier zu sparen?
Und warum bekommt die Digitalisierung nur noch 3,3 Millionen Euro und rechtfertigt wird das mit der Aussage: Die hohen Summen (377 Millionen im Jahr 2023) wären eh nur zeitlich begrenzt gewesen? Das mag hinkommen, dass sie zeitlich begrenzt waren, aber sollte ein Land, in dem Digitalisierung noch immer ein Fremdwort ist, genau hier zurück kürzen?
Egal wie ich es drehe und wende, es will mir nicht in den Kopf gehen oder gar kann ich eine clevere Strategie dahinter sehen.
Das ist hausgemachter Blödsinn und spart, wie so oft, am falschen Ende. Ich habe öfter den Begriff „Zukunftsbremse“ gelesen und kann dem nur zustimmen. Das ist es und für den sozialen Bereich hat es noch andere verheerende Folgen, die wir jetzt gerade einmal in ihren ersten Zügen mitbekommen und die noch viel gewaltiger werden.
Jüngst wurde in einer ZDF Doku (hier ein Artikel mit der gleichen Aussage) berichtet, dass Projekte, wie das Freiwillige Soziale Jahr nun gefährdet sind, denn das Geld dafür war schon vorher zu knapp. Ob und wie es sich auswirkt, können wir natürlich erst 2024 sehen.
Doch nach meiner Einschätzung und dem, was wir hier bei sozial-pr gerade erleben, ist diese Gefährdung definitiv real. Und das betrifft nicht nur das Freiwillige Soziale Jahr. Es zieht sich durch den gesamten sozialen Bereich.
Was hat sozial-pr damit zu tun?
Da das Jahr 2024 nun völlig in den Sternen steht, weil das Geld im sozialen Bereich hinten und vorne (als ob es das je vorher getan hat) nicht reicht, wurden viele wichtige Projekte auf Eis gelegt. Das hat sogar uns von sozial-pr hart getroffen und das schneller als uns lieb gewesen wäre.
Was sind die genauen Auswirkungen auf uns? Projekte, die wir eigentlich fest einplanen konnten, fallen nun vorerst weg. Ob sie wiederkommen, unklar bis unwahrscheinlich.
Deswegen böse sein können wir nicht, auch der soziale Bereich leidet darunter, wenn auf einmal die Förderung ihrer Projekte wegfallen oder von vornherein gestrichen werden.
Daher hat diese Haushaltsentscheidung auch ganz persönliche Auswirkungen auf uns. Es gefährdet den Arbeitsplatz von meiner Kollegin Alex und mir. Wir von sozial-pr arbeiten viel mit dem sozialen Bereich zusammen.
Das wird künftig in dieser Form vermutlich nicht mehr funktionieren, denn verständlicherweise wird der soziale Bereich dort kürzen, wo es am vertretbarsten ist und das ist unter anderem bei der Digitalisierung und allem, was dazu gehört.
Da lande ich wieder bei meinem Fazit „Digitalisierung ist für Deutschland noch ein Fremdwort“ und daher bei den Prioritäten nicht hoch genug angesetzt.
Wir von sozial-pr stehen im Moment vor der Aufgabe uns neu zu formieren. Wir versuchen neue Kund*innen zu finden, dabei aber uns und unseren Werten treu zu bleiben und, na ja, uns ganz banal auch einfach zu retten.
Ich bin ehrlich mit Euch, es macht mir Angst, dass mein Job gefährdet ist. Finanzielle, aber auch Zukunftsängste sind nie schön, schon gar nicht, wenn sie nur schwer abzusehen waren und viel zu schnell über einen hinweggerollt sind. Und es fühlt sich ein wenig so an, als wäre es durch das Fingerschnippen der Regierung passiert. Das ist subjektiv gedacht, dass weiß ich. Aber anders kann ich es im Moment nicht betrachten.
Helfen wir uns gegenseitig!
Daher möchte ich auch jene ansprechen, die willens sind Digitalisierung weiter voranzutreiben. Wir haben nun ungewollt viel Zeit für neue Kund*innen, die wir auch brauchen.
Denn am Ende des Tages müssen auch wir – wie jedes wirtschaftliche Unternehmen – überleben und dafür brauchen wir im Zweifel genau Dich, der oder die das hier gerade liest!
Vielleicht hast Du schon immer eine Idee gehabt, wie Du die Digitalisierung in deinem Unternehmen voranbringen möchtest, weißt aber nicht genau wie? Dann lass uns reden!
Gleiches gilt für Social Media und Community Management. Auch hier können wir unterstützen.
Gemeinsam können wir Euch etwas Gutes tun und Ihr uns helfen sozial-pr auf ein noch breiteres Fundament zu helfen!
Haushaltsentwurf 2024 – eine echte Zukunftsbremse: ein Kommentar von Alex
Ich wurde nicht in Deutschland geboren. Als Spätaussiedlerin kam ich 1996 aus Kasachstan nach NRW. Je länger ich hier lebe, desto klarer wird mir, welches Glück ich habe, hier zu sein.
Mit Mitte dreißig weiß ich um die Stärken des Landes, vor allem das Gesundheitssystem und die soziale gesellschaftliche Grundstruktur.
Und bevor jemand die Augen verdreht: Auch ich weiß wie viel Zeit, Energie und bürokratischer Aufwand hinter Dingen wie Reha-Anträgen, Pflegegeld, Sozialleistungen usw. stecken. Nichts ist perfekt, vieles könnte besser sein, aber doch ist es zumindest möglich.
Mit dem neuen Entwurf des Bundeshaushalts sehe nicht nur ich den Sozialstaat in Gefahr, auch viele der größten Wohlfahrtsverbände und Organisationen kritisieren das geplante Vorgehen auf das Schärfste.
Sozialstaatlichkeit ist die große, vielleicht größte Stärke unseres Landes, warum wird sie so leichtfertig geopfert?
Blind und taub für die eigentlichen Probleme
Der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist so fragil, wie schon lange nicht mehr. Die Menschen verzweifeln an steigenden Lebensmittel- und explodierenden Strompreisen, und dabei wollen die meisten von uns einfach nur über die Runden kommen.
Wie in so vielen Branchen, richtet der Fachkräftemangel auch im sozialen Bereich zusätzlich massive Schäden an. Das Personal ist überarbeitet, unterbezahlt, wenig beachtet. Mit den zur Verfügung gestellten Geldern, können seit Jahren nur die größten Lücken notdürftig gestopft werden, die Mängel werden immer sichtbarer und die Besserungsversprechen und Modernisierungspläne lösen sich jetzt in Luft auf, wie Aschenputtels Ballkleid.
Fallen weitere Gelder im sozialen Bereich weg, leiden somit nicht nur die Menschen darunter, die darin ihr berufliches Zuhause gefunden haben. Vor allem die Menschen, die die Hilfsangebote nötig haben, werden über Kurz oder Lang mit ihren Problemen allein bleiben.
Und seien wir ehrlich – früher, später oder zwischendurch sind die meisten von uns auf Hilfe aus dem sozialen Sektor angewiesen. Was denken sich die Regierenden, wenn sie den Sozialstaat jetzt ausbluten lassen?
Meine Diagnose, wenn der Haushaltsentwurf beschlossen wird? Jahrelange Stagnation- wie beim maroden Nachverkehrssystem. Und am Ende steht das große Ungewisse.
Es ist längst nicht mehr nur fünf vor zwölf, darüber sind wir längst hinaus. Der soziale Bereich steckt in einer tiefen Krise und wird jetzt mit dem Haushaltsentwurf endgültig zur Ruhe gebettet. Wo bleibt da der Sozialstaat? Was ist es, was uns wirklich wichtig sein sollte?
Problemlösungen, die keine sind
Ich weiß, was mir wichtig ist, deshalb arbeite ich bei einem Arbeitgeber, der auf Menschlichkeit und Nachhaltigkeit wert legt. Der sein berufliches Leben an sozialen Prinzipien und Werten ausrichtet.
Davon wünschte ich mir mehr in der Bundesregierung.
Ich bin mir sicher, dass der Job ein Land zu regieren und dabei eine einigermaßen demokratische Einigkeit zu erlangen, mehr als schwierig sein muss. Doch ich frage mich auch immer wieder, wie Sparen am Sozialen als eine Problemlösung angesehen werden kann? Die Frage ist, ob überhaupt ein Problem damit gelöst werden kann oder ob dadurch nicht hunderte neuer entstehen?
Ich schreibe diesen Kommentar und frage mich ständig, ob ich etwas übersehe. Ob die Bundesregierung einfach keine andere Wahl hat, als diese Kürzungen durchzuführen. Aber egal wie ich es drehe und wende, in meinen Augen bleibt es ein Fehler gigantischen Ausmaßes, mit Folgen, die – und es ist nur ein Haushaltsentwurf – bereits jetzt deutlich spürbar sind.
Der Sozialstaat gräbt sich selbst fleißig das Wasser ab und ich habe Angst davor, was danach noch übrig bleibt von dem Land, in das ich vor 27 Jahren gekommen bin.
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