Generative KI in meiner Praxis

Ein menschlicher Arm und eine Roboterhand formen gemeinsam ein Herzsymbol vor einem blauen Hintergrund. In der Mitte des Herzsymbols sind zwei kleine Glühbirnen-Illustrationen zu sehen, die Ideen symbolisieren. Der Roboterarm ist schwarz-weiß gestaltet und wirkt futuristisch, während der menschliche Arm nackt ist.

Generative KI war 2024 das gefragteste Thema in meinen Workshops, Vorträgen und Trainings. Dabei ging es oft um die konkrete Nutzung der Tools, allen voran ChatGPT und Perplexity AI, wobei Claude und offline KI langsam wichtiger werden.

Doch auch Fragen der Ethik, der Chancen und Risiken, des Ressourcenverbrauchs und natürlich der Strategie für soziale Organisationen nahmen viel Raum ein.

Wenig überraschend habe ich im Blog und Podcast einiges zu KI veröffentlicht und mein KI-TaskCards-Board bekommt alle 14 Tage Updates:

Über meine eigene Nutzung generativer KI habe ich bisher jedoch nur hin und wieder geschrieben. Daher nutze ich das Jahresende für eine schriftliche Reflexion und beantworte dabei einige Fragen:

  • Wie und wofür nutze ich generative KI in meiner Arbeit?
  • In welchen Bereichen nutze ich sie ganz bewusst nicht?
  • Welche Prinzipien sind für meine KI-Nutzung handlungsleitend?
  • Was hat sich durch KI für mich ganz konkret verändert?
  • Auf welche Entwicklungen bin ich gespannt?

Und als Bonus beantworte ich eine Frage, die mir in einem meiner letzten Workshops dazu gestellt wurde: Warum teile ich so viel kostenlos?

Leseempfehlungen zu generativer KI hier im Blog:

Wie und wofür nutze ich generative KI in meiner Arbeit?

Das wie ist schnell erklärt. Ich bezahle aktuell für folgende Tools:

Ich nutze ergänzend Notebook LM und offline einige Modelle von huggingface.co über Jan.ai, LM Studio, GPT4All, DiffusionBee und Mac Whisper. In meiner Office 365 Umgebung habe ich außerdem den Microsoft Copilot eingekauft und im Einsatz. Mit Google Gemini experimentiere ich seit dem letzten Update, es ist jedoch noch kein fester Bestandteil meines Workflows.

Meine wichtigste Arbeit findet mit den offline Modellen statt. Das ist auch der Grund, warum ich mein MacBook Pro mit M1 Pro Prozessor gegen eines mit M4 Pro Prozessor – und vor allem mehr Arbeitsspeicher – ausgetauscht habe.

Warum ich viel offline arbeite, hat damit zu tun, wofür ich generative KI nutze:

  • Recherche und Erschließen neuer Themen – Hier nutze ich primär Perplexity und Notebook LM, um mich Themen anzunähern und die relevanten Quellen für die ausführliche Lektüre zu identifizieren.
  • Arbeit mit Dokumenten – Diese Aufgabe macht einen großen Teil meiner Arbeit aus. Bei den inhaltlich und lizenztechnisch unkritischen Inhalten kommen ChatGPT, Claude und Notebook LM zum Einsatz. Doch viele meiner Dokumente sind entweder nicht veröffentlicht, urheberrechtlich geschützt oder noch unter NDA. Die kommen in kein Online-Tool – völlig egal, auf welcher Vertragsgrundlage ich es nutze – sondern werden ausschließlich mit lokalen KI-Modellen offline bearbeitet.
  • Konzept- und Antragsentwicklung – Bei der Entwicklung von komplexen Texten und Inhalte nutze ich ChatGPT, meist mit Canvas, und Claude, ziehe für Quellen und Daten dann auch Perplexity hinzu. Für die erste Strukturphase und die grobe Arbeit ist das fein. Sobald es an die inhaltlich wichtigen Phasen geht, wechsle ich zu offline KI-Modellen, die Zugriff auf die sensiblen Daten haben und mich bei den kniffligen Details unterstützen.
  • Sparringspartner und Reflexion – Bei Anträgen und Konzepten kommen KI-Tools häufig gar nicht bei der Entwicklung, sondern erst bei der Überprüfung zum Einsatz. Hier nutze ich speziell trainierte GPT, Projekte und offline Assistenten, um meine Texte und Inhalte kritisch überprüfen und reflektieren zu lassen. Diese Arbeit ersetzt keineswegs das Feedback menschlicher Kolleginnen und Kollegen, doch die aktive Arbeit mit KI-Sparringspartnern reduziert die Zahl er Korrekutrschleifen, die ich mit Menschen drehe.
  • Protokolle und Dokumentation – Ergebnisprotokolle und Dokumentation erstelle ich inzwischen weitgehend mit KI-Unterstützung. Das ist vor allem deshalb praktisch, weil ich meine ersten Notizen wieder analog mit Papier und Stift erstelle. Diese Entwicklung ist eine direkte Folge meiner KI-Nutzung, mehr dazu in einem späteren Punkt.
  • Text-, Bild- und Audio-Erstellung – Natürlich nutze ich KI-Tools hin und wieder auch dafür, um Entwürfe für Social-Media-Posts, Bilder für Konzepte oder Präsentationen oder Video-Clips und Audio-Inhalte zu erstellen. Das tue ich nicht oft und wenn ich Bilder, Videos oder Audio veröffentliche, werden diese klar gekennzeichnet. Deshalb sind die dafür verwendeten Tools, ElevenLabs und HeyGen, auch nicht in meiner Tool-Liste oben aufgeführt. Ich nutze sie einfach wenig.

Der Microsoft CoPilot fungiert für mich übrigens primär als Organisations-Assistent, der die Suchfunktion in Office 365 für mich endlich brauchbar macht und mir dabei hilft, Informationen schnell zu finden und zu verknüpfen.

In welchen Bereichen nutze ich ganz bewusst keine KI?

Kurz gesagt: Überall dort, wo ich direkt mit Menschen kommuniziere oder wo es um Menschen geht, hat KI keinen Zutritt.

Das bedeutet:

Ich lasse keine E-Mails oder Nachrichten von KI schreiben. Protokolle zu sensiblen Themen schreibe ich von Hand; sensible Gespräche führe ich in Person, telefonisch oder per Video und habe dabei KI-Funktionen ganz bewusst deaktiviert.

KI darf und soll mich gerne unterstützen, mir strukturierte Arbeitsschritte abzunehmen und meine Ergebnisse strukturiert zu analysieren.

Sie nimmt mir jedoch nicht das Denken ab, ist nicht kreativ und liefert niemals fertige Ergebnisse (der Punkt kommt später nochmal zur Sprache).

Und ich lasse KI keine längeren Texte schreiben. Der Schreibprozess macht mir einfach zu viel Spaß und ist für meine Arbeitsweise und Veranlagung zu wichtig und essenziell, als dass ich hier technische Einmischung will oder brauchen kann.

Welche Prinzipien sind für meine KI-Nutzung handlungsleitend?

Wer mir auf LinkedIn folgt, bereits Artikel von mir gelesen hat oder bei einem Workshop oder Vortrag zum Thema KI dabei war, kennt die folgenden fünf Prinzipien.

Ich habe sie ganz zu Beginn meiner generativen KI-Nutzung aufgestellt und seitdem beibehalten. Hier sind sie:

  1. KI-Tools liefen Input, Vorschläge, Anregungen und Daten, jedoch keine fertigen Ergebnisse.
  2. Alle Inhalte, die KI generiert, werden durch menschliche Expertise bewertet und überprüft.
  3. Ich nutze KI-Tools nur, wenn ich mir davon eine spürbare Wirkung verspreche.
  4. KI kann Arbeitsschritte erleichtern, darf sie aber nie exklusiv erfüllen.
  5. Ich gebe keine sensiblen Daten in KI-Tools ein und prüfe genau, wie es die Tools mit dem Datenschutz halten.

Kompakt, simpel und für mich noch immer handlungsleitend.

Was hat sich durch KI für mich ganz konkret verändert?

Kurze Antwort:

So einiges.

Lange Antwort:

Manche Veränderungen hatte ich erwartet, andere haben mich überrascht.

Zu den Erwarteten gehören Zeiteinsparungen, beschleunigte Prozesse und die Auslagerung von Routineaufgaben, auf die ich noch nie wirklich Lust hatte.

Zu den teilweise erwarteten Veränderungen gehören eine etwas barriereärmere Kommunikation, weil ich KI-unterstützt bessere Alternativ-Texte für Bilder, genauere Video-Untertitel und Ähnliches erstellen kann. Habe ich davor auch schon gemacht, ist durch KI nur schneller und besser geworden.

Wirklich überrascht haben mich zwei Veränderungen:

  1. Ich bin für meine Notizen von meinem Supernote E-Ink-Tablet und meinen Notizen auf dem iPad ganz bewusst zurück zu Stift und Papier gegangen. Der Grund: Digitale Notizen, beispielsweise in der App Nebo, lassen sich KI-unterstützt hervorragend und einfach weiterverarbeiten. Zu einfach, wie sich für mich herausgestellt hat. Ich muss mich mehr mit meinen Notizen befassen, brauche die Reibung bei der Übertragung in ein anderes Medium, muss in meinem Prozess einige Schritte haben, um mich wirklich mit den Inhalten zu beschäftigen. KI hätte hier für mich wichtige Schritte wegoptimiert.
  2. Ich habe meine Lust am Schreiben wiederentdeckt und für mich Klarheit darüber gewonnen, welche Arbeiten und Aufgeben mir wirklich Spaß machen und welche ich gerne an KI abgeben kann. Es klingt vielleicht banal, doch die Möglichkeit, viele Dinge schnell und einfach an KI delegieren zu können, war und ist für mich der Anlass, um genau zu prüfen, welche Aufgaben mir fehlen würden, würde ich sie abgeben.

Die letztgenannte Veränderung führt auch zu einem neuen professionellen Selbstverständnis und, zusammen mit anderen Faktoren, zu einer veränderten Ausrichtung meiner Arbeit. Mehr dazu gibt es in meinem Manifest 2025. 😉

Auf welche Entwicklungen bin ich gespannt?

Es sind primär drei große Themenbereiche und Entwicklungen, denen ich in Sachen (generativer) KI gespannt entgegenblicke.

  1. Die Entwicklung hin zu AI Agents. Kurz gesagt sind das Programme, bei denen KI-Modelle nicht nur Text oder Bilder generieren, sondern auch Aufgaben für euch ausführen. Microsoft bietet in seinem Artikel „AI agents — what they are, and how they’ll change the way we work“ einen Ausblick auf die möglichen Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Der Chatbot Claude von Anthropic verfügt nach eigener Aussage bereits über solche Fähigkeiten und auch Open AI arbeitet für ChatGPT daran. Wenn das wirklich funktioniert, könnte es KI von einem Werkzeug unter vielen zum integralen Bestandteil des Betriebssystems und der Arbeit machen – mit allen Fragen in Sachen Datenschutz, Privatsphäre, Ethik, menschlichen Fähigkeiten und anderen, die dabei relevant wären.
  2. Die Entwicklung im Bereich der Offline-KI. Echte Open-Source-KI-Modelle gibt es aktuell nicht, der Begriff wird aktuell eher als PR verwendet. Warum das so ist und welche Gefahren es mit sich bringt, kommt im Paper „Why ‘open’ AI systems are actually closed, and why this matters“ sehr gut zum Ausdruck. Dennoch gibt es auf hugginface.co immer mehr gute KI-Modelle für die Offline-Nutzung, die mit Ollama, LM Studio, Jan.ai, GPT4All und MacWhisper immer einfacher wird. Ich bin sehr gespannt darauf, ob wir im Sozialen Bereich und der Zivilgesellschaft endlich bereit sind, die nötigen Ressourcen einzusetzen und, ergänzend zu kommerziellen Angeboten, in kritischen Bereichen eigene Wege zu gehen.
  3. Der dritte Punkt ist eine Frage: Nehmen Organisationen der Sozialwirtschaft KI 2025 strategisch ernst? Angesichts der Gespräche, Anfragen, Workshops und Projekte, die ich in den letzten beiden Jahren zu dem Thema führen durfte, sagt der Berufsoptimist in mir: Ja, die Chancen stehen gut. Ich betone hier aber das Wort „Chancen“. Denn auch bei KI sehe ich in (zu) vielen Organisationen die Haltung, die wir auch zu Beginn der Digitalisierungsbemühungen hatten (und heute noch haben): „Machen wir mit, weil es alles tun, wirklich darauf einlassen und investieren wollen wir aber nicht.“ Bei KI wäre das noch fataler als bei Digitalisierungsbemühungen, wobei sich beides bedingt. Denn ohne ordentliche Datenbasis wird eine strategisch sinnvolle KI-Nutzung schwierig.

Angesichts des dritten Punktes lautete meine Bitte und mein Appell: Lasst uns die Chancen und Risiken von Ki ernst nehmen. Integrieren wir sie Schritt für Schritt strategisch, menschenfreundlich und verantwortungsvoll und in unsere Organisationen.

Und machen wir uns so sprachfähig, dass wir die soziale Perspektive auch bei Regulierungsbemühungen und in der Lobbyarbeit rund um KI fundiert einbringen können. Lasst uns das angehen – auch mit den passenden Partner*innen aus der Zivilgesellschaft.

Bonus-Frage: Warum teile ich eigentlich so viel kostenlos?

Die Frage kam von einer Teilnehmerin eines meiner letzten Workshops zum Thema KI-Kompetenzen. Da ich aktuell ohnehin an der Reflexion meiner professionellen Rolle und meiner Ausrichtung für 2025 und darüber hinaus arbeite, nutze ich sie als Gelegenheit, einen Teil meiner Motivation und Ausrichtung hier zu formulieren.

Aus kommunikativer Sicht ist es natürlich auch gutes Marketing, das will ich gar nicht verschweigen. Falls das kostenlose Bereitstellen von Inhalten für euch nicht nach Marketing klingt, empfehle ich das Buch „Das NEUE Prinzip kostenlos“ der geschätzten Kerstin Hoffmann. Ihre darin vermittelte Philosophie ist fast deckungsgleich mit meiner.

Auf fachlicher und persönlicher Ebene ist es ein wenig komplexer.

Die kurze Antwort:

Weil ich mein Motto „Digital braucht sozial“ ernst meine und in die Praxis bringen will.

Die etwas längere Antwort:

Die Soziale Arbeit ist aus meiner Sicht die Profession, die prädestiniert dafür ist, gesellschaftlich relevante Querschnittsthemen nicht nur in ihren Angeboten zu bearbeiten. Sie ist auch hervorragend dafür aufgestellt, diese Themen sozialpolitisch und durch die strategische Ausrichtung der sozialen Organisationen zu gestalten.

Wie und warum erläutere ich in meinem Manifest für 2025. An dieser Stelle reicht es zu sagen: Diese Überzeugung ist für mich Antrieb, im Rahmen meiner Möglichkeiten daran mitzuwirken, die Soziale Arbeit digital kompetent zu machen.

Und das gelingt nur, wenn die Menschen, die sowohl die Profession als auch die Organisationen mit Leben füllen, qualifiziert sind, digitale Chancen nutzen und Risiken minimieren können.

Das Resultat ist in meiner Vision eine Soziale Arbeit, die sowohl KI als auch andere digitale Möglichkeiten selbst menschenfreundlich, professionell und reflektiert nutzt und sich gleichzeitig hobbytechnisch aktiv für ihre Klient*innen bei digitalen Themen und Regulierungen einbringt.

Eine Utopie, klar, aber hey, ich bin Berufsoptimist. Damit diese Utopie Realität wird, will ich die Menschen der Sozialen Arbeit befähigen, das Digitale zu nutzen und aus sozialer Sicht besser zu machen.

Digitales Empowerment für die Soziale Arbeit ist die Aufgabenbeschreibung, die mir dafür seit einiger Zeit durch den Kopf geht. Wie das konkret in der Praxis 2025 aussehen wird, erarbeite ich gerade in meinem Manifest. Stay tuned. 😉


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