Kommunikation, Social Media und Monitoring zwischen den Jahren: 7 Fragen für NGO

Drei Frauen sitzen zusammen an einem Tisch und schauen gemeinsam auf ein Smartphone. Eine Frau hält eine Tasse Kaffee in der Hand. Das Bild ist mit weihnachtlichen Illustrationen aus Stechpalmenzweigen und blauen Kugeln mit Schneeflockenmuster dekoriert, die die Ecken des Bildes schmücken.

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr stellt für die Kommunikatorinnen und Kommunikatoren von NGO jedes Jahr eine Herausforderung dar. Kaum ein Wohlfahrtsverband, sozialer Träger, Verein oder andere NGO haben das Budget, um sich eine Agentur für das Monitoring einzukaufen. Und Bereitschaftszeiten sind in den Arbeitsverträgen so gut wie nie vorgesehen.

Bevor ich auf die sieben Fragen, und die damit verbundenen praxiserprobten Lösungsansätze, für die kommunikative Abdeckung eingehe, erlaubt mir einen Mini-Rant:

Es wird Zeit, dass wir im NGO Bereich, in der Wohlfahrt und Sozialwirtschaft, Kommunikation ernst genug nehmen, um solche Zeiten arbeitsrechtlich sauber zu klären.

Nach mehr als 15 Jahren in der Kommunikation im Sozialbereich ist mir klar, dass bei fast allen Organisationen die Kommunikatorinnen und Kommunikatoren zwischen den Jahren die Benachrichtigungen aktiviert und ihre Social-Media-Kanäle im Blick haben werden – auch wenn sie dafür nicht bezahlt werden.

Die Organisationen haben daher wenig Druck, den aktuellen Zustand zu ändern. Doch wenn ich mir gleichzeitig die Leitbilder und Mission-Statements sozialer Organisationen und NGO anschaue, steht da überall Wertschätzung für die eigenen Mitarbeitenden drin. Nicht geregelte Bereitschaftszeiten kollidieren aus meiner Sicht direkt mit diesem Anspruch.

Rant Ende, auf zur Praxis. Die folgenden sieben Fragen können euch dabei helfen, eure Kommunikationskanäle, seien es Social Media oder klassische Medien, zwischen den Jahren ordentlich im Blick zu haben.

1. Wollen oder müssen wir kommunizieren?

In den meisten Fällen lautet die Antwort hier: Nein. Zumindest nicht, wenn es keinen externen Grund dafür gibt.

Ich empfehle euch, Eure Kanäle zwischen den Jahren ruhen zu lassen. Ein Weihnachts- und Neujahrswünsche sind fein, die können und sollten jedoch im Voraus erstellt und geplant veröffentlicht werden.

Mancherorts gibt es die Idee, dass die Zeit zwischen den Jahren perfekt für eine Serie geeignet ist, die das Jahr Revue passieren lässt und als Jahresrückblick fungiert. Die Idee finde ich gut, ich gebe jedoch zwei Aspekte zu bedenken:

  1. Zwischen den Jahren sind viele Menschen, zumindest im Hinblick auf Social Media, offline. Wer online ist, interessiert sich möglicherweise für den Jahresrückblick, wenn dieser emotional und relevant genug ist. Seid euch nur darüber im Klaren, dass ihr Inhalte für eine kleine Zahl an Menschen erstellt.
  2. Eine solche Serie ist dann legitim und sinnvoll, wenn eine oder mehrere Kolleginnen und Kollegen, die für Kommunikation und Social Media zuständig sind, zwischen den Jahren arbeiten. Jeder Beitrag ist ein Interaktionsanlass und hier greift meine Lieblingsfrage: „Was, wenn’s funktioniert?“. Wenn eure Serie bei den Menschen, die online sind, Reaktionen hervorruft, ist das erstmal toll. Das bleibt allerdings nur so, wenn Ihr oder eure Kolleginnen und Kollegen zeitnah darauf reagieren und diese Kommentare bei Bedarf moderieren könnt. Eine Serie ohne aktives Monitoring ist eine Einladung für Murphys Law: „Wenn etwas schiefgehen kann, wird es auch schiefgehen“.

2. Welche Reaktionserwartungen gibt es intern?

Bevor in einer der folgenden Fragen die konkrete Umsetzung des Monitorings das Thema ist, lade ich Euch dazu ein, die internen Erwartungen zu klären. Welche Reaktionsgeschwindigkeit erwartet Eure Leitungs- oder Führungsebene von Euch bei Kommentaren oder Krisen? Welche erwartet Ihr?

Hier Klarheit zu schaffen, ist essenziell. Wenn es dazu Guidelines oder Dienstvereinbarungen gibt, habt ihr schon die halbe Miete. Die andere Hälfte besteht aus den realen Erwartungen. Sind die mit den offiziellen Regelungen deckungsgleich: Super, Gratulation!

In den letzten Jahren erlebe ich jedoch häufig, dass die realen Erwartungen die offiziellen Regelungen deutlich übersteigen. Das ist nicht gut, das ist nicht fair, aber es kann die Realität sein. Ihr solltet wissen, was erwartet wird, bevor Ihr Eure Prozesse aufsetzt.

3. Wie kommunizieren wir unsere Sendepause?

Wenn Ihr zwischen den Jahren eine Sende- und Kommunikationspause einlegt, muss diese klar kommuniziert werden. Dafür gibt es einige Werkzeuge. Die kennt ihr vermutlich, ich zähle sie hier als kleine Erinnerung, auch für mich, auf:

  • Automatische E-Mail-Antworten mit klarer Abwesenheitszeit und alternativen Kontaktmöglichkeiten in dringenden Fällen.
  • Automatische E-Mail-Antworten, wenn Menschen Fragen im Kontaktformular einer Website eintragen. Idealerweise wird die Nachricht an eine Kollegin oder einen Kollegen weitergeleitet.
  • Telefonweiterleitungen mit automatischer Ansage oder Kolleginnen und Kollegen, die entweder Kontaktmöglichkeiten nennen oder sich um Anfragen kümmern können.
  • Social-Media-Beiträge auf all euren Kanälen, in denen Ihr klar kommuniziert, wann ihr wieder erreichbar seid und aktiv werdet.
  • Wenn ihr ganz sicher gehen wollt, könnt ihr die Banner-Grafiken eurer Social-Media-Kanäle, wo möglich, weihnachtlich gestalten und eure Urlaubs- oder Schließzeiten dort kommunizieren. Weihnachtliche Designs nutze ich regelmäßig, die Hinweise im Banner eher selten, es ist jedoch eine Möglichkeit.
  • Automatische Antworten im Facebook Messenger, den Instagram Nachrichten und, falls vorhanden, all euren relevanten Messengern. Für Meta-Produkte, Facebook, Instagram, WhatsApp, bei Threads kenne ich die Option noch nicht, findet ihr die Optionen entweder in der Meta Business Suite oder in den WhatsApp Business Tools.
  • Je nach Nutzung kann ein Weihnachtsgruß – als Artikel und Grafik – auf eurer Website oder in eurem Blog sinnvoll sein. Wenn Ihr dort sonst aber nur Pressemitteilungen oder Organisationsneuigkeiten veröffentlicht, könnte ein solcher Artikel unpassend wirken.
  • Falls Ihr einen pflegt, kann ein letzter Newsletter mit Weihnachtsgrüßen und Informationen zu den Ruhezeiten auf eurer Liste stehen. Hier kommt es, wie bei der Website, darauf an, ob eine solche Nachricht zu eurem Newsletter und der sonstigen Nutzung passt.

All diese Instrumente kennt ihr, ich finde es nur sinnvoll, sie sich ab und an bewusst zu machen. Nutzt die Aufzählung gerne als Checkliste. Ich werde es auf jeden Fall tun. 😉

4. Wie strukturieren wir unser Monitoring?

Diese Frage zielt nicht auf eure personelle Abdeckung ab, dazu kommen wir noch, sondern auf eure Tools, Technik und Prozesse. Das führt unweigerlich zu der Frage: Wie ist euer Monitoring, für Social Media und klassische Medien, bisher organisiert?

Wenn ihr ein professionelles Social-Media-Management-Tool, mein Favorit ist Swat.io, mit Socialhub und Fanpagekarma habe ich aber ebenfalls gute Erfahrungen gemacht, nutzt, habt ihr zumindest das Monitoring Eurer eigenen Kanäle abgedeckt. Social-Listening- und Medien-Monitoring-Fähigkeiten, die sich nicht auf eure Kanäle beziehen, sind bei den meisten Tools jedoch kostenpflichtige Zusatzfunktionen.

Manche Tool-Anbieter lassen mit sich reden und bieten die Möglichkeit, Social-Listening und Medien-Monitoring jenseits der eigenen Kanäle für einen begrenzten Zeitraum, beispielsweise zwischen den Jahren, für überschaubares Budget freizuschalten.

Solltet ihr ein Online-Medien-Monitoring für vertretbares Budget suchen, kann ich aus eigener Erfahrung Brand 24 empfehlen. Wenn ihr eines der oben genannten Social-Media-Management-Tools nutzt, würde ich eher mit eurem Anbieter über eine temporäre Funktionserweiterung sprechen.

Eine kostenlose, im Vergleich zu den genannten Lösungen aber eingeschränkte, Lösung zur Online-Medien-Beobachtung sind die Talkwalker Alerts. Die lasse ich, unabhängig von anderen Tools, kontinuierlich für meine Kernthemen mitlaufen.

5. Wie organisieren wir das Monitoring personell?

Diese Frage ist für euch relevant, wenn alle Kolleginnen und Kollegen, die die Kommunikation verantworten, zwischen den Jahren Urlaub haben. Oder dann, wenn eure Organisation, wie viele Wohlfahrtsverbände und soziale Träger, zwischen den Jahren schließt.

Bei den folgenden Praxishinweisen gehe ich davon aus, dass es bei euch keine Bereitschaftsregelungen in den Arbeits- oder Dienstverträgen gibt. Wenn die vorhanden sind, braucht Ihr meine Tipps nicht und geht am besten direkt zur nächsten Frage weiter (die ist nämlich auch dann relevant ;)).

Grundsätzlich bin ich Fan davon, das Monitoring auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Denn auch wenn es „nur mal eben nach Benachrichtigungen schauen“ ist, wechselt Ihr dadurch mental in einen gewissen Bereitschaftsmodus und könnt euren Urlaub und die Feiertage nur eingeschränkt genießen.

Drei Aspekte haben sich in den letzten Jahren in meiner Arbeit mit verschiedenen Teams als essenziell erwiesen:

  1. Legt fest, wer an welchen Tagen für das Monitoring verantwortlich ist.
  2. Schaltet die Benachrichtigungen für Eure Kanäle auf eurem Dienstsmartphone(!) an, dieser Aspekt ist bei den folgenden Fragen wichtig, ein.
  3. Definiert Prozesse und Kontaktwege für Krisenkommunikation und schnellen Reaktionsbedarf.

In der Praxis kann das zu einem rotierenden System führen, in dem jede Kollegin und jeder Kollege für einige Tage auf die Benachrichtigungen achtet. Wichtig ist, dass alle wissen, wen sie im unwahrscheinlichen Krisenfall erreichen können und wer dann zuständig ist und aktiviert werden muss.

Kleiner, aber nicht unwichtiger Hinweis:

Die hier als Kontaktpersonen benannten Menschen sollten das im Vorfeld wissen. Ich hatte schon die eine oder andere verblüffte Führungskraft am Telefon, die nichts von ihrem „Glück“ wusste. Das gab im Nachgang dann ein wenig Diskussionsbedarf, auf den Ihr sicher verzichten könnt.

6. Wie gestalten wir das Monitoring menschenfreundlich?

Hier geht es darum, wie die für das Monitoring zuständigen Kolleginnen und Kollegen das konkret umsetzen. Aus meiner Sicht sind hier Dienstsmartphones unverzichtbar.

Manche Führungskräfte und auch manche Kommunikatorinnen und Kommunikatoren argumentieren, dass es am einfachsten und sichersten ist, wenn die Benachrichtigungen für Social-Media-Kommentare und -Nachrichten auf dem privaten Smartphone der zuständigen Personen eingehen.

Das stimmt zwar, blendet aber einen entscheidenden Aspekt menschenfreundlichen Arbeitens aus: die mentale Gesundheit und Erholung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Denn egal, wie gut ihr euch mental von eurer Arbeit distanzieren könnt:

Wenn ihr wisst, dass auf eurem Privatsmartphone jederzeit wichtige Benachrichtigungen der Arbeitskanäle eingehen können, wird das immer ein wenig Aufmerksamkeit beanspruchen und Eure Erholung stören.

Meine Empfehlung ist daher: Aktiviert die Benachrichtigungen auf eurem Dienstsmartphone, stellt dieses auf lautlos, legt es an einem fest definiertem Ort ab und schaut in regelmäßigen, ebenfalls klar von euch definierten Zeitintervallen, drauf.

Nach viel Ausprobieren haben sich in der Praxis der Kontrollblicke, morgens, nachmittags und abends, bewährt. Das stellt keine sofortige Reaktion sicher, doch die ist in 99,9 Prozent aller Fälle auch nicht nötig. Und zwischen den Jahren wird es selbst bei den wirklich seltenen 0,1 Prozent nicht auf einige Stunden ankommen.

Falls das eurem Arbeitgeber dennoch wichtig ist, müsst ihr über bezahlte Bereitschaftszeit sprechen. Ihr werdet erstaunt sein, wie schnell die Priorität der sofortigen Reaktion nachlässt, wenn diese mehr Geld kostet. 😉

Der hier beschriebene Ansatz hat zwei Ziele:

  1. Sicherzustellen, dass ihr, wenn Ihr für das Monitoring zuständig seid, alle wichtigen Benachrichtigungen relativ zeitnah seht.
  2. Noch wichtiger: euch die Ruhe und Sicherheit zu bieten, wirklich abschalten zu können. Wenn ihr wisst, dass ihr eine Struktur und ein System habt, mit dem ihr alle wichtigen Benachrichtigungen auf jeden Fall mitbekommt, könnt ihr die Arbeit für die restliche Zeit ausblenden.

Menschenfreundliches Monitoring bedeutet für mich ein sicheres Monitoring, das für eure mentale Gesundheit und Erholung nicht zur Belastung wird. Mit Struktur und Grenzen gelingt das meiner Erfahrung nach ganz gut.

7. Sind unsere Krisenkommunikationswege klar?

Im Idealfall greift Ihr bei dieser Frage in die Schublade, zieht euren Krisenkommunikationsleitfaden heraus und antwortet mit einem überzeugten „Ja“. Da wir jedoch in der Realität leben, löst diese Frage bei vielen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren von NGO einiges Nachdenken oder Diskussionsbedarf aus.

Eine klar definierte Krisenkommunikation mit gut erreichbaren und allen bekannten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern ist immer wichtig. Zwischen den Jahren und in anderen Zeiten dünner Personalabdeckung und schlechter Erreichbarkeit gewinnt sie jedoch deutlich an Bedeutung.

Solltet ihr keine festgelegten Abläufe haben, klärt diese bitte mindestens für die Zeit zwischen den Jahren. Denkt bitte daran, die als Krisenkontakte definierten Personen im Vorfeld darüber zu informieren, ihre Rolle zu klären und die Erreichbarkeit sicherzustellen.

Wer weiß, wenn sich die Regelung zwischen den Jahren bewährt, habt ihr vielleicht eine Basis für den Aufbau eurer dauerhaften Krisenkommunikationsstruktur geschaffen. 😉

Klarheit und Sicherheit ermöglichen besinnliche Feiertage und Ruhe

All diese Fragen und Tipps sind keine Neuigkeiten oder Offenbarungen, das ist mir klar. Dennoch erlebe ich, auch bei mir selbst, immer wieder, dass sie als wichtige Erinnerung fungieren und dabei helfen, die relevanten Aspekte rechtzeitig zu organisieren und zu klären.

Sie alle dienen einem Ziel:

Die Kommunikation und das Monitoring, für Social Media und Medien, zwischen den Jahren so menschenfreundlich wie möglich zu organisieren.

Das gelingt, wenn alle Beteiligten die Sicherheit haben, dass bei Bedarf gut und zeitnah reagiert werden kann. Wenn Ihr alle sieben Fragen beantwortet und die dafür nötigen Regelungen trefft, steht besinnlichen Feiertagen, zumindest aus fachlicher Sicht, nichts mehr im Weg.

Wenn ihr eigenen Tipps und Erfahrungen für die Zeit zwischen den Jahren habt: Teilt sie gerne in den Kommentaren, dann können wir alle voneinander lernen. Ich freue mich auf den Austausch.


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